Von Steintafeln zum Prospekt
Brauchen wir heutzutage eigentlich noch das klassische Prospekt als Werbemittel? Ja, das brauchen wir! Warum? Das verrät Ihnen liv.biz.

Prospekte kommen oft zusammen mit Zeitungen in den Briefkasten. Foto: anaterate – pixabay.com
Das Wort „Werbung“ ist aller Wahrscheinlichkeit nach zurückzuführen auf das althochdeutsche Wort werban, das so viel bedeutet wie „sich bemühen“ oder „etwas betreiben“. Die Geschichte der Werbung reicht jedoch deutlich weiter zurück. Der Handel war seit seinem Wachstum über einen begrenzten Personenkreis (wie etwa ein Dorf) hinaus darauf angewiesen, potentiellen neuen Kunden das Angebot darzubieten.
Mit dem Buchdruck kam die Werbung
Nach Marktschreiern und Steintafeln revolutionierte der Buchdruck im 15. Jahrhundert die papierhafte Informationsverbreitung. Zum dauerhaften Angebotsüberschuss kam es aber erst mit der Zunahme der Massenproduktion während der Industrialisierung. Hierfür mussten Abnehmer gefunden werden. Doch, dass die Aufmerksamkeit des Kunden die Kaufwahrscheinlichkeit erhöht und die attraktivste Anpreisung zum schnellsten Abverkauf führte, galt vermutlich seit der Entwicklung des Neokortex.
Im 17. Jahrhundert wurde die erste Tageszeitung gedruckt, die sich hervorragend über Werbeanzeigen finanzieren konnte. Doch sie unterlag dabei der Kontrolle der Monarchie. Erst nach Einführung der Pressefreiheit 1849 begannen Händler, zielgruppenspezifische Werbung zu entwerfen. Die Tageszeitungen druckten infolge der attraktiven Verdienstmöglichkeiten immer mehr Werbung ab, was zwar den Informationsgehalt des Blattes senkte, den Werbetreibenden jedoch wichtige Erkenntnisse über das Kaufverhalten ihrer Kunden lieferte.
Quelle und OTTO als bedeutende Akteure
Der Dreifarbendruck ermöglichte ab 1890 die perfekte Druckwerbung und diese fand, neben Plakat und ab den 1920ern auch Radiowerbung, derart großen Anklang, dass noch zu Zeiten des Kaiserreiches Studien zur Wirkweise von Werbung durchgeführt wurden. Im Jahr 1928 erschien beispielsweise der erste Quelle-Katalog, der in den folgenden zehn Jahren eine Auflage von zwei Millionen erreichte und im Zuge des goldenen Jahrzehnts neue Perspektiven auf das Einkaufen eröffnete und von der Weltwirtschaftskrise nicht in die Insolvenz getrieben wurde. Ein anderer wichtiger Akteur wurde OTTO, der in den Nachkriegsjahren handgefertigte Kataloge publizierte und versendete. Mit Gespür für die richtige Maßnahme zum richtigen Zeitpunkt gewann der Katalog an Bedeutung und heute zählt OTTO zu den erfolgreichsten Handelsunternehmen Deutschlands.
Die Katalogwerbung fungierte im 20. Jahrhundert nicht mehr nur als Werbung, sondern auch als Vertriebskanal und ermöglichte den Kunden erstmals, aus der Ferne direkt nach Hause zu bestellen und die Rechnung nach Erhalt zu begleichen.
Prospekte zur Orientierung
Mit dem besseren Lieferkettenmanagement wurde es auch den Lebensmittelhändlern möglich, Werbeblätter gezielt in ihrem jeweiligen Einzugsgebiet zu verteilen und ihre Kundschaft über Sonderangebote zu informieren. Durch den rasanten Aufstieg der Discounter und deren Angebotserweiterung um Nonfood-Produkte sowie wöchentlich wechselnde Aktionswaren, gehören Wochenprospekte auch hier zum festen Inventar.
Gerade mit Blick auf den Wandel der Altersstruktur bieten Handzettel für ältere Kunden eine ideale Möglichkeit, sich über günstige Angebote zu informieren, sich inspirieren zu lassen und – besonders hervorzuheben – sich in der Masse von Angeboten in Ruhe orientieren zu können. Die Zielgruppe im Rentenalter kauft tendenziell nahe ihres Wohnortes ein und können ihren Einkauf zeitlich genauer planen als Berufstätige. Mit abnehmender Mobilität erfüllen die fußläufig erreichbaren Geschäfte eine wichtige Versorgungsrolle und können sich gleichzeitig auf ihre treue Kundschaft verlassen.
Kurzum: Die gedruckte Werbung, die zum Blättern, Stöbern und Entdecken einlädt, hat sich in Deutschland etabliert und koexistiert als feste Größe neben der erstarkenden Onlinewerbung.
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