Kann das Haushaltsbuch durch die Krise helfen?
Das Konsumklima in Deutschland ist schlecht, für Deutsche steht Sparen im Fokus. Manche Menschen können aber gar nicht mehr sparen, berichtet Antje Kahlheber von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Ein Haushaltsbuch könne einen Aha-Effekt auslösen, Entlastungsmaßnahmen durch die Politik bleiben dennoch notwendig.

Das Haushaltsbuch schafft einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben – und über Notwendiges und Unnötiges. Foto: lilartsy – unsplash.com
liv.biz hat bereits mehrfach darüber berichtet: Deutsche wollen nicht mehr einkaufen. Deutsche planen auch für die Zukunft weniger Anschaffungen. Deutsche wollen sparen. Denn trotz Aufheben der Corona-Beschränkungen bestimmt Angst das deutsche Konsumklima: Angst vor fortwährend steigenden Preisen, Angst vor Inflation, Angst vor Jobverlust. Gründe hierfür sind aktuell der Ukraine-Krieg und dessen Auswirkungen, zuvor war vor allem die Corona-Pandemie ausschlaggebend. Während aber manche Deutsche noch sparen können, ist das bei anderen gar nicht mehr möglich. Oftmals steht kein Geld mehr zur Verfügung, Fixkosten können mitunter nicht mehr bezahlt werden. In beiden Fällen kann ein Blick auf die Ausgaben helfen. Und hierfür empfiehlt sich etwas Altbewährtes: das Haushaltsbuch.
Haushaltsbuch führen für den Aha-Effekt
„Allein schon Kostenbewusstsein zu schaffen, in dem man sein Budget mal anschaut, hilft enorm. Einfach, weil fast immer ein Aha-Effekt damit verbunden ist, wenn man sieht, wo das Geld bei Konsumausgaben hingeht oder weil man mal durch die Verträge geht und merkt, dass man den einen oder anderen Vertrag oder eine Versicherung vielleicht gar nicht mehr braucht“, sagt Antje Kahlheber von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Zwar werden die Preise davon nicht billiger und eine Inflation wird auch nicht geringer. Aber das Aufschreiben von Kosten kann wahnsinnig helfen, sagt Kahlheber: „Es fallen Entscheidungen beim Aufschreiben, wenn man zum Beispiel merkt, wieviel Geld für welche Dinge ausgegeben wird. Und beim nächsten Einkauf entdeckt man möglicherweise eine günstigere Alternative.“ Dies gelte für „normal ausgestattete“ Haushalte.
„Bei Haushalten, bei denen das Budget sehr klein ist, kann schon mal deutlich werden, dass das Geld nicht reichen kann – egal, wie man sich anstrengt zu sparen. Das ist dann zwar bitter, aber der erste Schritt, um zu überlegen: Wie geht es jetzt weiter, welche Unterstützung brauche ich, kann ich Leistungen beantragen, zusätzliche Einkünfte erzielen oder muss ich meine Lebenssituation grundsätzlich ändern?“, sagt Kahlheber. Mitunter müsse dann eine kleinere Wohnung bezogen oder ein Aushilfsjob am Wochenende angenommen werden.
Wie funktioniert das Haushaltsbuch?
Damit man zielführende Entscheidungen treffen kann, müssen im Haushaltsbuch alle Einkünfte und Ausgaben festgehalten werden – feste und flexible. Zu den fixen zählen beispielsweise das monatliche Einkommen und Ausgaben für Miete, Stromabschlag und Versicherung. Flexible Ausgaben werden ungeplant und schnell mal zwischendurch getätigt. All dies muss ins Haushaltsbuch. „Erst dann wird einem das eigene Konsumverhalten wirklich bewusst“, sagt Kahlheber.
Digital oder klassisch? Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz setzt auf die klassische, altmodische Variante in Heftform – die obendrauf an ein Schulheft erinnert – denn das soll so sein. „Das Führen eines Haushaltsbuches soll am Anfang als tägliche ‚Hausaufgabe‘ verstanden werden“, sagt Kahlheber. Trotz aller Hürden, die insbesondere psychologischer und zeitlicher Natur sein können, empfiehlt Kahlheber das Führen des Haushaltsbuches: „Beim Geld gibt es manchmal so eine Wundergläubigkeit: Lieber nicht hinschauen, dann reicht es vielleicht irgendwie. Ein weiteres Argument ist die Zeit: Wir haben alle viel zu viel zu tun, da möchte man eben nicht noch eine Aufgabe, auch wenn sie nur fünf Minuten dauert. Aber auch hier ist es einen Versuch wert, wenigstens mal für ein paar Monate. Die Erfahrung zeigt, dass die Leute dabei bleiben, wenn sie die Hürde einmal überwunden haben. Denn Kostenersparnis ist oft auch Zeitersparnis.“
Eine klassische Form des Haushaltsbuches liegt in den Beratungsstellen der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz aus, online steht dieses auch zur Verfügung und kann zum Beispiel ausgedruckt werden. Digitale Varianten gibt es aber auch von anderen Anbietern zum Beispiel per App. „Das ist ok. Hauptsache man bleibt mal eine Weile dabei und schaut, was dann passiert“, sagt Kahlheber.
Es braucht aktuell mehr als ein Haushaltsbuch
Das Haushaltsbuch macht zusammenfassend für jeden Sinn. Besonders in Krisenzeiten kann es eine echte Hilfe sein, aber natürlich braucht es da noch mehr: „Momentan ist die Situation schon ernst, weil die Kostensteigerung fundamental ist (Energiepreise, Inflation). Was dann eben für manche Haushalte bedeutet, dass sie auch bei unverzichtbaren Gütern höhere Kosten haben. Deshalb sind neben dem Sparen eben auch Entlastungsmaßnahmen durch die Politik nötig – und die sollten vor allem bei den Einkommensschwachen ankommen“, sagt Kahlheber. Dem hat liv.biz nichts mehr hinzuzufügen.
0 Kommentare