Ohne Nonfood-Liebe geht es nicht

Wie wird man eigentlich ein waschechter und erfolgreicher Nonfoodler? Das hat uns Professor Dr. Carsten Kortum, Studiengangsleiter BWL-Handel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn, in "Kortums Nonfood-Welt" verraten.

13.04.2022 Alexander Hahn 0 Kommentare 5 Likes
Prof. Dr Carsten Kortum, Studiengangsleiter BWL-Handel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn.

Prof. Dr. Carsten Kortum, Studiengangsleiter BWL-Handel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn. Foto: DHBW

Was lieben Sie an Ihrem Job?

In meiner Handelszeit habe ich mich über gute Abverkäufe gerade auch von innovativen Artikeln und Themen gefreut. Jetzt freue ich mich über den weiteren Berufsweg unserer Alumni. Die Zusammenarbeit und der Austausch während des Studiums sind sehr inspirierend und wir bleiben so ein Teil der Branche. Die eigene Position ist dabei mit sehr viel Freiheiten verbunden. So machen wir im Professoren-Team praxisbezogene Forschung und veröffentlichen Whitepaper. Dieses Jahr sind wir mit unserer eigenen Podcastreihe „Die Händler“ gestartet. Und am 13. und 14. September gibt es dann wieder unsere „Retail Innovation Days“, ein Handelskongress mit bis zu 400 Teilnehmern in Präsenz bei uns auf dem Campus.

Was muss man als Student unbedingt über Nonfood wissen?

Ich habe es gerade in unserer dritten Podcastfolge mit Tassilo Zimmermann diskutiert: Nonfood braucht einen Paradigmenwechsel. Nonfood verkauft sich nicht von alleine und die Zeiten des Push-Prinzips sind unweigerlich vorbei. Wir müssen bei den Konsumentinnen und Konsumenten und deren konkreten Gains, Pains und Jobs anfangen und dafür Lösungen mit guten und innovativen Produkten finden. Die Value Proposition muss zur Zielgruppe passen, nicht umgekehrt. Dann kann Nonfood Spaß bringen.

Wer kann alles von Ihnen lernen, wer sitzt bei Ihnen im Hörsaal?

Wir haben Studierende aus insgesamt 35 Unternehmen aus dem Handel als Duale Partner an Bord, von Importeuren aus Fernost bis hin zu den Nonfood-Discountern. Die Mischung aus verschiedensten Unternehmen ermöglicht beständig Quervergleiche und ein Netzwerk für die Studierenden, welches weit über das eigene Unternehmen hinausgeht. Die Studierenden haben oft schon eine kaufmännische Ausbildung im Handel absolviert und nutzen das Studium zur Weiterbildung.

Was sind die neusten Studieninhalte?

Neben den klassischen Fächern der Betriebswirtschaftslehre mit 70 Prozent Anteil an den Vorlesungen haben wir 30 Prozent Handelsbetriebswirtschaftslehre im Studiengang BWL-Handel an der DHBW Heilbronn. Hier werden Inhalte vermittelt wie zum Beispiel Category Management, Supply Chain Management, Preispolitik, Eigenmarkenentwicklung, Produktentwicklung, Key Account Management, Kommunikationspolitik und Controlling. Auch neuere Trends wie Online-/Social-Media-Marketing, Amazon Analytics und Plattform-Ökonomie nehmen wir auf. Inhalte zur Nachhaltigkeit werden aufgrund der Nachfrage von Studierenden und Händlern weiter ausgebaut. Die Digitalisierung fließt in alle Vorlesungen mit ein.

Wie gestalten Sie Ihre Vorlesungen?

Unsere Vorlesungen sind in Kleingruppen bis maximal 30 Studierenden in der Regel seminaristisch ausgelegt. Kein Dozent hält stundenlange Monologe. Studierende diskutieren und erarbeiten Content selber in Gruppenarbeiten mit Coaching und stellen die Ergebnisse dann dem Kurs zur Verfügung. Hier ist wichtig, dass wir Leistungen in Teams fördern. Nonfood erfolgreich verkaufen geht in der Praxis auch nur als Teamleistung.

Die Vorlesungen werden ergänzt durch zahlreiche Exkursionen zu Unternehmen, Messen oder auch in das europäische Ausland. In Integrationsseminaren werden Praxisproblemstellungen für Unternehmen bearbeitet. Die Ergebnisse werden dann auch veröffentlicht. Mit meinem letzten Abschlusskurs haben wir es mit dem Thema „Unverpackt“ in die Lebensmittelzeitung geschafft.

Sehr viel Wert legen wir auch auf Soft-Skills wie Konfliktmanagement, Präsentationstechniken oder Kreativitätsmethoden wie Design Thinking. Jedes Semester wird ergänzt durch unsere Vortragsreihe „Deep Dive“ – mit Experten aus dem Handel zu ausgewählten Themen und Trends. Alle Dozenten kommen aus dem Handel und sind in ihrem Bereich ausgewiesene Kenner. So haben wir immer einen optimalen Praxisbezug und die Aktualität.

Wie wichtig ist es, im Bereich Nonfood fundiert ausgebildet zu werden?

Im Vergleich mit FMCGs haben wir bei Nonfood ganz andere Spezifika, die ganz oben auf der Agenda stehen. Die Spannen sind meist höher, dafür aber die Umschlagsgeschwindigkeiten geringer. Insgesamt hat Nonfood eine höhere Bedeutung im Konsumsystem der Konsumentinnen und Konsumenten. Das Involvement bei einer Bohrmaschine ist nicht vergleichbar mit dem bei Joghurt oder H-Milch. Damit steigt auch der Beratungsbedarf. Wir haben hierzu eine eigene Vorlesung zu Verkaufstraining und eine Vorlesung zur Produktentwicklung bei Nonfood.

Wo starten Ihre Studenten nach dem Studium in die Berufswelt?

Zu circa 80 Prozent bleiben die Studierenden nach dem Studium in ihren Partnerunternehmen. Alle bleiben dem Handel erhalten. Die Funktionen in den ersten Jobs sind sehr vielseitig – von Storemanagern bis hin zu Einkäufern. Mich freut es persönlich als ehemaligen Nonfood-Einkäufer sehr, dass in meinem alten Metier viele Alumni durchstarten. Wir haben inzwischen sogar eine eigene Alumni-Einkauf-Gruppe mit einem regelmäßigen Austausch.

Was sind die wichtigsten Fähigkeiten, um im oberen Nonfood-Management tätig werden zu können?

Ohne Liebe zu der betreffenden Nonfood-Warengruppe, den Trends, den Funktionalitäten von Produkten und ein Commitment für den Kunden wird es nicht funktionieren. Wenn Sie eine Bohrmaschine oder modische Jeans einkaufen oder verkaufen wollen, müssen Sie den Markt mit allen Akteuren und Produkten kennen.

Im oberen Management werden diese Kenntnisse nicht ausreichen. Das wichtigste sind hier Führungsqualitäten. Es gilt mit Leadership, die Menschen in einer Organisation mitzunehmen und auf Ziele auszurichten, die allen Spaß bringen.

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