Wenn unauffällige Werbung auffällig wird …

Product Placement ist eine clevere Werbeform. Der Vorteil: Sie wird unauffällig in Handlungskontexte von Musikvideos, Filmen und Serien eingebaut, indem beispielsweise Protagonisten die jeweiligen Produkte tragen oder konsumieren. Doch man sollte es als Werbetreibender eben nicht übertreiben. Denn dann läuft Werbung fehl.

Meinung

Von Julia-Marie Schüßler

20.03.2022 0 Kommentare 2 Likes
Eine Wand voller Werbung.

Eine Wand voller Werbung. Foto: Falkenpost – pixabay.com

Warum ich Ihnen etwas über Product Placement erzählen kann? Ich bin nicht nur Journalistin, sondern auch Medienwissenschaftlerin. Und im Laufe meines Studiums habe ich zahlreiche Theorien und Phänomene studiert sowie erforscht – unter anderem das Product Placement. In einem Lehrforschungsprojekt habe ich mit drei Kommilitoninnen zahlreiche deutsche und amerikanische Hip-Hop-Musikvideos auseinandergenommen und geschaut, welche Promis auf welche Produkte zur Vermarktung setzten und wie prominent diese platziert wurden. Eines der Ergebnisse: In den deutschen Videos wurden fast doppelt so viele Marken platziert wie in den amerikanischen. Ein weiterer Aspekt: In deutschen Videos wurden sie sehr gerne wiederholt platziert, in amerikanischen Videos waren sie hingegen seltener zu sehen. Und: In Deutschland wurde zunehmend auf Alkoholmarken gesetzt. Wir kamen damals (2015) in Bezug auf Product Placement in Hip-Hop-Musikvideos zu dem Schluss:

„Aus den Ergebnissen kann geschlussfolgert werden, dass es gerade in Deutschland für Werbetreibende interessant ist diese neue Werbeform weiterhin zu etablieren und ihren kommerziellen Nutzen daraus zu ziehen. Zu beachten sei hierbei aber auch, dass diese Werbeform nur so lange neu ist, solange sie nicht inflationär gebraucht wird. Sollten Werbetreibende nun in Zukunft häufiger auf Produktplatzierungen als Alternative zur Spotwerbung zurückgreifen, könnte sich letztendlich eine Entwicklung vollziehen, die sich schon bei der Spotwerbung zeigte: Konsumenten könnten ein Persuasionswissen und folglich eine Reaktanz gegenüber Produktplatzierungen entwickeln.“

Product Placement sollte man nicht übertreiben

Kurz gesagt: Konsumenten könnten die Werbung bemerken und sogar eine Abneigung gegen sie entwickeln. Und hier würde Product Placement seine Kernkompetenz verlieren. Denn der Vorteil von Produkt-Platzierungen in den verschiedensten Medien ist vor allem, dass sie in den Handlungskontext des Gezeigten eingebaut werden können und Konsumenten eine Werbung nicht unbedingt bemerken sowie sich dieser nicht entziehen können. Wir warnten bereits damals davor, Product Placement inflationär zu verwenden, da diese Art der Werbung so ihre eigentlich positive Bewertung durch den Konsumenten verliert.

Product Placement heute

Heute, im Jahre 2022 angekommen, gibt es immer noch Produkt-Platzierungen – mittlerweile seit über 90 Jahren. Und natürlich nicht nur in Musikvideos, sondern auch in Filmen, Serien und anderen Formaten. Mir ist selbstredend bewusst, dass ich ein wenig sensibilisiert für diese Form von Werbung bin. Aber es gibt derzeit TV-Formate wie „Der Bachelor“ oder „Germany’s Next Topmodel“ (GNTM), die Treiben das Product Placement auf die Spitze. Da fühlt man sich als Zuschauer auf Deutsch gesagt „verarscht“. Denn klar ist: Jeder Bachelor stößt mit seinen „Ladies“ in der Nacht der Rosen mit „Batida“ an, zeitweise war auch mal „Amarula“ hoch im Kurs. Schick angerichtet im Kühler mit Brand, wartet die Flasche sehnsüchtig darauf, ihren Inhalt in die ebenfalls gebrandeten Gläser loszuwerden. Eine Nahaufnahme folgt der anderen. Angestoßen wird häufig. Bei „GNTM“ bekommen die angehenden Laufsteg-Schönheiten regelmäßig irgendwelche Präsente, mit denen sie sich aufwendig vor der Kamera pflegen und die Produkte selbstverständlich regelmäßig Solo-Auftritte in der Kamera erhalten. Ganz zu schweigen davon, dass Heidi Klum den Titel-Song entweder als Werbung für die Band ihres Mannes Tokio-Hotel oder sich selbst im Featuring mit Snoop Dogg benutzt. Zum Abschluss sei noch das Trash-Format „Prominent getrennt“ erwähnt, in dem komischerweise jede Teilnehmerin mit Sportklamotten von Oceans Apart ausgestattet ist.

Was man hier bereits herausliest: Ich bin genervt. Dem Zuschauer wird etwas vorgegaukelt, was insbesondere in Reality-Formaten nichts zu suchen hat. Auch wenn der „Der Bachelor“ unter der Rubrik Dating-Format und „GNTM“ unter Casting-Format läuft, zeigen beide dennoch Menschen mitten aus dem Leben. Es handelt sich nicht um inszenierte Filme und Serien. Deshalb erwarte ich auch realistisches Product Placement – unauffällig eben. Ansonsten wird diese Werbeform ganz schön auf die Nase fallen.

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