Wie digital ist der deutsche Einzelhandel?
Der mittelständische Einzelhandel sieht sich derzeit mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, die den Erfolg erschweren. Dazu gehören unter anderem die Pandemie, hohe Ladenmieten oder auch der Wettbewerbsdruck durch den E-Commerce. Wie es hierbei um das Thema Digitalisierung steht und wie die Zukunft des stationären Einzelhandels aussieht, verrät das Ergebnis einer Studie des Marktforschungsinstituts IFH Köln, die im Auftrag von Faire im Juli 2022 umgesetzt wurde.

Handelsexperte Prof. Dr. Gerrit Heinemann, Ladeninhaberin Patricia Bernhardt und Luca Beltrami, Head of Product for Retailers bei Faire (von Links nach Rechts) bei der Vorstellung der Studie, die das Marktforschungsinstitut IFH Köln im Auftrag von Faire umgesetzt hat. Foto: Faire Wholesale
Pandemie, hohe Ladenmieten sowie Wettbewerbsdruck durch E-Commerce und große Händler sind Herausforderungen, mit denen sich der mittelständische Einzelhandel in Deutschland konfrontiert sieht und es stellt sich die Frage: Wie steht es hier um die Digitalisierung? Vier von zehn Einzelhändlern haben sich noch nicht mit digitalen Lösungen beschäftigt. Hier bedarf es vor allem unkomplizierter und schnell einsetzbarer Lösungen. Denn laut einer Studie ist die Überforderung mit den Aufgaben und Technologien ein Grund für die Digitalisierungslücke. Ein Erfolgsbeispiel ist das Umdenken im Beschaffungsprozess: Bereits jeder fünfte Einzelhändler informiert sich mittlerweile auf Onlinegroßhandelsplattformen. 64 Prozent der Befragten sind offen für digitale Beschaffungsalternativen.
Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Studie, die das Marktforschungsinstitut IFH Köln im Auftrag der weltweit größten digitalen Großhandelsplattform Faire Wholesale im Juli 2022 umgesetzt hat. In der Befragung zum Thema „Wie digital ist der deutsche Einzelhandel?“ äußerten sich 213 selbstständige Einzelhändler aus verschiedenen Branchen mit einem maximalen Umsatz von 1,5 Millionen Euro.
Mit digitalen Lösungen den Herausforderungen begegnen
Die Hälfte der befragten Unternehmen, deren Läden in städtischen Lagen angesiedelt sind, gibt an, dass sich die Corona-Pandemie negativ auf ihre Geschäfte ausgewirkt hat. Die Lockdowns führten dazu, dass niemand shoppen gehen konnte und Lieferengpässe schmälerten das Sortiment. 36 Prozent der Befragten informieren sich normalerweise auf Großhandels- und Ordermessen zu neuen Trends und Produkten. Diese wurden jedoch pandemiebedingt abgesagt.
„Traditionell stellen wir unsere Produkte auf internationalen Handelsmessen stationären Händlern vor, doch diese Veranstaltungen fielen in den vergangenen zwei Jahren immer wieder aus“, beschreibt Faire Kundin Antje Risau, Gründerin von WeeDo Funwear das Problem aus Herstellersicht. „Ein Riesenproblem, das wir mit einer digitalen Großhandelsplattform wie Faire lösen konnten. Dort treffen auch im Lockdown kleine Einzelhändler und kleine Marken aufeinander. Online rettet somit kleine stationäre Marken und Läden.“
Einzelhandel intelligent gedacht
Das Unternehmen Faire unterstützt unabhängige Einzelhändler, Hersteller und kleine Marken mit neuen Technologien und Dienstleistungen. Beide Seiten können lokale und globale Netzwerke bilden, die ihnen dabei helfen, dem Wettbewerb mit den Einzelhandelsriesen standzuhalten. Die zentrale Frage der Studie von Faire und IFH Köln war, welche Rolle die digitale Transformation dabei spielt.
Es besteht digitaler Nachholbedarf
Vier von zehn Einzelhändlern haben sich noch nicht mit digitalen Lösungen beschäftigt, unter anderem weil sie derzeit keinen Bedarf für die Digitalisierung sehen oder mit den damit verbundenen Aufgaben überfordert sind. 57 Prozent der befragten Einzelhändler betreiben keinen Online-Shop. Vor allem kleinere Händler geben Zeitmangel als Grund an, warum sie noch keinen zusätzlichen Online-Kanal aufgebaut haben. Dabei lassen sich traditionell zeitaufwändige Aufgaben wie die Auswahl und der Einkauf neuer Waren leicht digitalisieren, also über den Online-Großhandel abwickeln. Jeder fünfte Einzelhändler hat dies bereits erkannt – Tendenz steigend. Während der Besuch von Großhandels- und Ordermessen früher zeit- und kostenintensiv war, ist der Einkauf bei Online-Großhändlern heute schnell und bequem.
„Die Pandemie hatte weitreichende Auswirkungen darauf, wie Konsumenten weltweit einkaufen und Geschäfte machen. Sie stellte uns zwar vor eine Herausforderung, aber dieser Moment bietet uns auch die Gelegenheit zu überdenken, wie wir bisher vorgegangen sind, und zu entscheiden, wie wir uns neu aufstellen wollen“, kommentiert Max Rhodes, Mitbegründer und CEO von Faire, die Umfrageergebnisse. „Unsere Plattform gibt unabhängigen Einzelhändlern die Möglichkeit, mit einfachen Online-Tools einige der gängigsten Probleme zu lösen, mit denen sie konfrontiert sind. Wenn sich ein Einzelhändler bei Faire anmeldet, wird er oder sie Teil eines globalen Netzwerks, das gemeinsam mit Einzelhandelsriesen konkurrieren kann. Unsere Mission ist es, ihnen dabei zu helfen, eine bessere Zukunft für sich und ihre Community aufzubauen.“
Experte Prof. Dr. Heinemann sieht mangelnde Digitalisierung kritisch
„Obwohl die derzeitigen Herausforderungen im stationären Einzelhandel gewaltig sind, verweigern immer noch 4 von 10 Händlern das Thema Digitalisierung“, sagt der E-Commerce-Experte im Hinblick auf die Studienergebnisse der IFH Köln. „Sie gehören damit höchstwahrscheinlich zu den Handelsbetrieben, die den Strukturwandel nicht überleben werden. Die fortschrittlichen Händler allerdings haben die Gunst der Stunde genutzt und setzen vor allem auf die Vorteile der Digitalisierung auf der Beschaffungsseite in Einkauf und Logistik.“
Der Online-Großhandel wird als Einkaufskanal immer relevanter
Insgesamt setzt sich die Digitalisierung bei großen Einzelhändlern immer weiter durch, insbesondere im Einkauf und bei internen Prozessen. Die globale Krise treibt ein Umdenken, insbesondere in der Produktbeschaffung. Der Online-Großhandel ist zu einem besseren Ort zum Einkaufen geworden, und Einzelhändler suchen langfristig nach den digitalen Alternativen von Messen und den Weiten des Internets. Zahlreiche Faire-Tools vereinfachen den Bestellprozess und arbeiten mit beliebten und etablierten Social-Media-Mechanismen.
„Ich habe schon ganz oft auf „Dies könnte dir auch gefallen“ geklickt, das funktioniert wie bei Instagram und Pinterest“, sagt Ramona Krämer, Inhaberin des Hamburger Krämerladens. „Ich liebe es, dass ich weltweit einkaufen kann, momentan bestelle ich viel in Amerika.“ Faire präsentierte die Studie in der Boutique In Love with Loretto 23 in Düsseldorf. Inhaberin Patricia Bernhard setzt auf Digitalisierung, um fair ausgewählte Produkte zu bestellen. Damit repräsentiert sie eine neue Generation unabhängiger Einzelhändler. Breit gefächert, offen für digitale Lösungen und aktiv in sozialen Medien.
64% der Befragten sagen, dass sie alternative Beschaffungsmöglichkeiten wie den Online-Großhandel akzeptieren. Obwohl der Digitalisierungsgrad relativ gering ist, suchen eher kleine Einzelhändler nach neuen Einkaufsmöglichkeiten. Ein Fünftel der Einzelhändler informiert sich bei Online-Großhändlern und 80% machen positive Erfahrungen. Für 68% hat sich die Nutzung von Online-Großhandelsplattformen während der Pandemie positiv ausgewirkt. Gerade große Einzelhändler wünschen sich in der aktuellen Krise immer mehr Unterstützung vom Großhandel, vor allem bei Konditionen (35%) und Produktauswahl (15%).
Die Zukunft lautet Omnichannel
„Es gilt, mit dem richtigen Angebot beim Einzelhandel zu punkten“, sagt Max Rhodes. „Die Studienergebnisse spiegeln wider, was wir jeden Tag erleben. Kleine, unabhängige Einzelhändler haben es schwer im traditionellen Großhandelssystem: Kurzfristige Zahlungsziele und große Mindestbestellmengen machen den Beschaffungsprozess für kleine Unternehmen risikoreich. Es braucht moderne Konzepte, faire Konditionen und digitale Angebote für unabhängige Retailer.“
Den Experten von Faire war von Anfang an bewusst, dass der Handel immer mehr zum Omnichannel wird. Es wird immer weniger reine Online- oder stationäre Händler geben. Diese Überzeugung teilt auch Prof. Dr. Heineman und nennt dieses Konzept „Kanal Egal“. „Jeder wird über Websites, soziale Medien oder Marktplätze ein bisschen von beidem anbieten. Eine ideale Kombination stellt dazu die Beschaffungsplattform Faire.com dar, auf der sich bereits 70.000 Qualitätsmarken zum Großhandelspreis tummeln.“
Digital Commerce und stationärer Handel widersprechen sich nicht, sondern können ideale Partner bei der Demokratisierung und Digitalisierung des Handels sein.